DGUV 

PSA - Mobil

PL-Otoplastik - Anwendung

Gehörschutz

Präventionsleitlinie "Einsatz von Gehörschutz−Otoplastiken"


































    1. Arten von Gehörschutz−Otoplastiken

 

Gehörschutz−Otoplastiken sind eine Sonderform der fertig geformten Gehörschutzstöpsel. Sie werden individuell nach dem Ohr und insbesondere dem Gehörgang des Trägers geformt und verschließen den Gehörgang, ohne in normaler Kopfhaltung einen Druck auf die Gehörgangwandungen auszuüben. Bei Einsatzfällen mit starker Kopfdrehung kann es jedoch zu Druckerscheinungen kommen.
Sie können aus Silikon verschiedener Shore−Härte, Nylon oder aus Acrylmaterial gefertigt werden.
Bei einigen Modellen ist durch den Einsatz eines Filterelements eine Anpassung der Schalldämmung in gewissen Grenzen, entsprechend den Erfordernissen am Arbeitsplatz, möglich.




    2. Anforderungen an die Schalldämmung von Gehörschutz−Otoplastiken

 

Alle verwendeten Otoplastiken müssen die Mindestschalldämmwerte der DIN EN 352−2 erfüllen.

Tabelle 1 − Mindestschalldämmung

Frequenz in Hz

125

250

500

1000

2000

4000

8000

(Mf − sf) in dB

>5

8

10

12

12

12

12



In der Tabelle 1 bedeuten Mf den Mittelwert der Schalldämmung bei der Baumusterprüfung und sf die dazugehörige Standardabweichung. Dieser Wert der Dämmung Mf – s f wird auch als APV (angenommene Schutzwirkung, „assumed protection value”) bezeichnet.

Bei der Baumusterprüfung erreichen oder überschreiten 84% der Träger diesen Wert.

Durch geeignete Auswahl von Gehörschutz muss sichergestellt werden, dass unter Einbeziehung der dämmenden Wirkung des Gehörschutzes der auf das Gehör des Beschäftigten einwirkende Lärm die maximal zulässigen Expositionswerte LEX,8h = 85 dB(A) beziehungsweise LpC,peak = 137 dB(C) nicht überschreitet.

Geeignete Auswahlmethoden werden in der Präventionsleitlinie "Gehörschutzauswahl nach der Schalldämmung” beschrieben.

Bei der Auswahl von Gehörschutz müssen zusätzlich die PSA−Benutzungsverordnung und die DIN EN 458 bzw. die DGUV Regel 112−194 berücksichtigt werden. Das hat zur Folge, dass die Schalldämmung nicht nur die maximal zulässigen Expositionswerte der LärmVibrationsArbSchV erfüllen muss, sondern auch andere (z.B. ergonomische) Kriterien zu berücksichtigen sind, woraus sich eine höhere Schalldämmung ergibt. Allerdings ist auch zu berücksichtigen, dass eine zu hohe Schalldämmung vermieden wird, die zu Überprotektion führen kann. Die folgende Tabelle listet die verschiedenen Restpegel unter dem Gehörschutz auf.

Tabelle 2: Beurteilung der Schutzwirkung von Gehörschutz

Am Ohr wirksamer Restschallpegel in dB(A)

Am Ohr wirksamer Restspitzenschallpegel in dB(Cpeak)

Beurteilung der Schutzwirkung

>85

>137

nicht zulässig

>80

>135

nicht empfehlenswert

70 − 80

≤135

empfehlenswert

<70

(Verständigung und Isolationsgefühl prüfen)



Bei der Auswahl ist die gegenüber den Laborwerten verringerte Schalldämmung in der Praxis zu berücksichtigen (siehe Präventionsleitlinie „Schalldämmung von Gehörschutz in der Praxis”). Für Otoplastiken ist ein Praxisabschlag von Ks = 3 dB anzuwenden. Dies setzt eine regelmäßig durchgeführte Funktionskontrolle voraus (vgl. Kapitel 10).Der Einsatz von Otoplastiken ohne Funktionskontrolle mit einem Abschlag von 6 dB ist entsprechend TRLV Lärm Teil 3 (Lärmschutzmaßnahmen) nicht mehr zulässig. Diese Produkte müssen zeitnah einer Funktionskontrolle zugeführt werden.




    3. Vorteile von Gehörschutz−Otoplastiken

 

Gehörschutz−Otoplastiken sind besonders bequem zu tragen und daher zu empfehlen, wenn

Kapselgehörschützer wegen täglicher mehrstündiger Tragezeiten abgelehnt werden und andere Gehörschutzstöpsel wegen Unverträglichkeiten nicht getragen werden können oder dürfen,

auf Grund arbeitsmedizinischer Befunde (z.B. bestehender Hörminderung) ein besonders sicherer Schutz vor Lärmeinwirkung gefordert wird.

Außerdem ergeben sich folgende Vorteile:

Falls bei Auslieferung und in regelmäßigen Zeitabständen danach Funktionskontrollen durchgeführt werden, kann eine gut reproduzierbare Schalldämmung erreicht werden.

Die Trageakzeptanz erhöht sich, da es sich um eine individuell angefertigte persönliche Schutzausrüstung handelt.

Die Ankopplung elektronischer Systeme ist möglich (z.B. mit pegelabhängiger Dämmung oder zur Kommunikation).






    4. Probleme bei der Benutzung von Gehörschutz−Otoplastiken

 

Durch die individuelle Herstellung für den Träger der Otoplastiken ergeben sich besondere Anforderungen an Produktion, Einsatz und Pflege.

Es können Druckerscheinungen insbesondere bei der Verwendung harter Otoplastiken auftreten, wenn bei der Tätigkeit starke Kopfbewegungen erforderlich sind.

Im Verlauf der Nutzung der Otoplastik kann sich der Gehörgang durch Gewebeveränderungen weiten und sich dadurch die Schalldämmung verringern.

Es ist eine relativ hohe Anfangsinvestition erforderlich.

Die Otoplastiken müssen regelmäßig gepflegt werden.

Durch die individuelle Anfertigung kann es durch Herstellungsfehler bei einzelnen Personen zu einer ungenügenden Schalldämmung kommen. Auch durch sehr sorgfältiges Einsetzen kann dann die verminderte Schalldämmung nicht erhöht werden. Durch die Funktionskontrolle bei der Auslieferung wird diese Gefahr vermieden.

Bei Auslieferung ist vor Ort am Ohr des Benutzers eine Prüfung auf Dichtigkeit erforderlich.

Wiederkehrende Prüfungen im Abstand von maximal zwei Jahren sind erforderlich (vgl. Kapitel 10).

In staubiger Umgebung ist eine Verschmutzung der Oberfläche kaum zu vermeiden und die Benutzung nur eingeschränkt möglich. Harte Otoplastiken lassen sich leichter reinigen als weiche Otoplastiken.

Außerdem kann eine allgemeine Unverträglichkeit von Gehörschutzstöpseln z.B. bei Gehörgangsentzündungen auch die Benutzung von Gehörschutz−Otoplastiken verhindern.




    5. Ergonomie bei der Benutzung von Gehörschutz−Otoplastiken.

 

Treten Druckerscheinungen auf, sollten vor Gebrauch zu formende Gehörschutzstöpsel verwendet werden.

Bei starken Schwitzempfindungen können Kapselgehörschützer mit schweißabsorbierenden Zwischenlagen als Ersatz verwendet werden.

Bei Problemen mit der Sprachverständigung oder der Signalerkennung kann die Verwendung anderer Filterelemente durch den Verantwortlichen geprüft werden. Gemeinsam mit dem Hersteller kann dann ggf. ein anderes Filterelement eingesetzt werden.






    6. Spezielle Einsatzempfehlungen

 

Otoplastiken mit Verbindungsschnur eignen sich besonders, wenn die Stöpsel vor Herunterfallen geschützt sein sollen und mehrmals am Tag aus− und eingesetzt werden müssen. Zu beachten ist, dass diese Produkte nicht in der Nähe von bewegten Maschinenteilen verwendet werden dürfen. Denn wird der Stöpsel an der Schnur ruckartig aus dem Ohr gezogen, kann es durch den Unterdruck zu schmerzhaften Verletzungen des Trommelfells kommen.

Otoplastiken aus Silikon werden nicht verwendet, wenn Qualitätsprobleme beim Lackieren von Bauteilen auftreten können (insbesondere in der Kfz−Industrie).




    7. Typische Fehler bei der Benutzung von Gehörschutz−Otoplastiken

 

Die rechte und linke Otoplastik können verwechselt werden. Um dies zu vermeiden, ist der rechte Stöpsel typischerweise durch eine rote Markierung gekennzeichnet.

Die Otoplastik wird beim Einsetzen verdreht, so dass sie nicht richtig dicht sitzen kann. Bei Produkten mit Haltegriff sollte man die richtige Orientierung des Griffs nach dem Einsetzen beachten (s. Benutzerinformation des Herstellers).

Die Otoplastik wird nicht ausreichend tief eingesetzt, so dass sie nicht richtig dicht sitzen kann. Insbesondere für Personen mit stark gekrümmten Gehörgängen kann das korrekte Einsetzen Probleme bereiten. Daher ist das Einsetzen mehrmals zu üben, bis eine optimale Abdichtung erreicht ist.

Bei Concha−Otoplastiken, die meist nicht tief in den Ohrkanal hinein reichen, ist speziell auf den richtigen Sitz in der Concha zu achten. Sonst können Bewegungen der Ohrmuschel leicht zum Verrutschen des Zapfen im Ohrkanal führen.

Eine Überprüfung des dichten (richtigen) Sitzes der Otoplastik ist bei Umgebungsgeräusch (z.B. im Lärmbereich) möglich. Das wahrgenommene Geräusch muss durch leichte Veränderung des Otoplastik−Sitzes minimiert werden.




    8. Lagerung, Inspektion und Pflege

 

Lagerung:

Für eine saubere Aufbewahrung der Gehörschützer, die nicht in Gebrauch sind, müssen entsprechende Aufbewahrungsmöglichkeiten vorhanden sein, wie z.B. Etuis oder Dosen, die vom Hersteller mitgeliefert werden.

Gehörschützer müssen in geeigneter Umgebung aufbewahrt werden. Die Herstellerangaben zur richtigen Lagerung sind hierbei zu beachten. Neue Gehörschützer wie auch Austauschteile müssen in geeigneter Form jederzeit verfügbar sein.

Hygiene und Pflege:

Bei der Benutzung von Otoplastiken können Verunreinigungen z.B. durch Stäube und Flüssigkeiten Hautreizungen im Gehörgang oder an der Ohrmuschel bewirken. Deshalb sind die Benutzer dieser Produkte besonders bezüglich der notwendigen Hygiene zu unterweisen. Otoplastiken sind nach den Angaben des Herstellers zu reinigen.

Die Benutzer müssen auch darauf hingewiesen werden, dass ein Arzt, z.B. der Betriebsarzt, aufgesucht werden muss, wenn sie Hautreizungen im Gehörgang während oder nach dem Gebrauch ihrer Gehörschützer bemerken.

Inspektion und Austausch:

Gehörschützer müssen in regelmäßigen Abständen überprüft werden, um Ausrüstungen, die durch mechanische Fehler, Alterung, Unfall oder Missbrauch beschädigt sind, austauschen zu können.

Alterung:

Alterung kann eine Minderung der Schalldämmung zur Folge haben.




    9. Ohrabformung

 

Personen, die die Ohrabformung durchführen, müssen über die erforderliche Fachkunde für Ohrabformung verfügen. Handelt es sich bei diesen Personen nicht um ausgebildete Hörgeräteakustiker, sollte das Wissen dazu über eine spezielle Ausbildung vermittelt werden. Inhalte und Gegenstand der Ausbildung sind z.B.:

1.

Medizinische Grundlagen und Funktion des Ohres (Anatomie und Physiologie des gesunden und kranken Ohres)

2.

Gesetzliche Grundlagen zum Gehörschutz (Europäische Richtlinien und Normen; nationale Vorschriften und Regeln)

3.

Audiometrische Grundlagen (mit Durchführung einer Otoskopie) (Beurteilung des äußeren Ohres mit Ohrmuschel, Gehörgang und Trommelfell, Durchführung einer Otoskopie entsprechend den Hygienevorschriften)

4.

Theorie und Praxis zur Abformung des äußeren Ohres (Abformverfahren und −materialien, Abformung unter Beachtung der besonderen Maßnahmen zum Schutz des Ohres, Funktionsabformungen des äußeren Ohres)

5.

Arten, Materialien und Herstellung von individuellem Gehörschutz (Arten und Funktionsweise von individuellem Gehörschutz, Anforderungen an die verwendeten Materialien, Herstellungsprozess für individuellen Gehörschutz nach Abformung)

6.

Überprüfung der Dichtheit von Otoplastiken – Funktionsprüfung (Prüfmethoden bei der Auslieferung und wiederkehrende Prüfungen)

1.

Inspektion des Gehörganges (Otoskopie)

2.

Einführen der Tamponage zum Schutz des Trommelfells

3.

Einspritzen des Abformmaterials

4.

Herstellung der Otoplastik

5.

Druckprüfung auf Dichtigkeit (funktionale Anpassung, Leckageprüfung)

6.

Benutzung der eingesetzten Otoplastik






    10. Funktionsprüfung von Gehörschutz−Otoplastiken

 

Nur bei fachgerechter Funktionskontrolle bei Auslieferung (maximal. bis zu sechs Monate nach Lieferdatum) sowie regelmäßig wiederkehrender Funktionskontrolle im Abstand von höchstens zwei Jahren wird die Schutzwirkung der Otoplastik gewährleistet (funktionale Anpassung). Anwendbar sind akustische Prüfungen oder Druckmessungen der im Gehörgang getragenen Otoplastik. Für jede Methode müssen vom Verantwortlichen zulässige Grenzen festgelegt werden.

Die Kontrolle bei Auslieferung unterliegt der Verantwortung des Herstellers (Inhaber der Baumusterprüfbescheinigung), da dieser nach der PSA−Richtlinie 89⁄686⁄EWG nur Produkte mit ausreichender Schutzwirkung in den Verkehr bringen darf. Dabei sind das in der Baumusterprüfung festgelegte Prüfverfahren und die dazugehörigen Kriterien zum Bestehen der Funktionsprüfung anzuwenden. Für die wiederkehrenden Funktionskontrollen ist der Unternehmer verantwortlich, der nach §8 der LärmVibrationsArbSchV den Zustand des Gehörschutzes regelmäßig prüfen muss. Die Prüfungen selbst können nur von fachkundigen Personen z.B. Hersteller oder Betriebsarzt durchgeführt werden. Es ist empfehlenswert, den Hersteller mit der Durchführung der Kontrollen zu beauftragen. Der Hersteller kann die Durchführung an Vertragspartner, z.B. Vertreiber der Otoplastiken, delegieren, ist aber für die Qualitätssicherung verantwortlich.

Werden die wiederkehrenden Prüfungen nicht vom Hersteller bzw. mit einer anderen Methode als der der Erstprüfung durchgeführt, müssen schon bei der Auslieferung Vergleichsdaten zwischen den beiden Prüfverfahren ermittelt werden.

Wechselt der Hersteller das Prüfverfahren, muss sichergestellt sein, dass die Ergebnisse vergleichbare Aussagen zulassen.

Nur unter diesen Voraussetzungen kann von einer gesicherten Schalldämmung der Otoplastik ausgegangen werden. Die Ergebnisse sind zu dokumentieren und dem Unternehmer zur Verfügung zu stellen.




    11. Literaturquellen und Verweise

 

− Achte Verordnung zum Geräte− und Produktsicherheitsgesetz (Verordnung über das Inverkehrbringen von persönlichen Schutzausrüstungen − 8. GPSGV) vom 20. Februar 1997 geändert durch Artikel 15 des Gesetzes vom 6. Januar 2004

− Verordnung zum Schutz der Beschäftigten vor Gefährdungen durch Lärm und Vibrationen (Lärm− und Vibrations−Arbeitsschutzverordnung–LärmVibrationsArbSchV) vom 6. März 2007

Technische Regeln zur Lärm− und Vibrations−Arbeitsschutzverordnung (TRLV Lärm) vom 23. März 2010

− Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Benutzung persönlicher Schutzausrüstungen bei der Arbeit (PSA−Benutzungsverordnung − PSA−BV) vom 4. Dezember 1996

Berufsgenossenschaftliche Regeln und Informationen für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (Bezugsquelle: Der zuständige Unfallversicherungsträger oder Carl Heymanns Verlag KG Luxemburger Straße 449, 50939 Köln Im Internet: www.arbeitssicherheit.de )

− Regel Benutzung von Gehörschutz (BGR ⁄ GUV−R 194)

− BG−Information „Gehörschutz−Informationen” (BGI 5024)

− BG−Information „Ärztliche Beratung zum Gehörschutz” (BGI 823)

− BG−Information „Gehörschutz−Kurzinformation für Personen mit Hörverlust”(BGI 686)

− BG−Information „Empfehlungen zur Benutzung von Gehörschützern durch Fahrzeugführer bei der Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr” (BGI 673)

− BG−Information „Auswahlkriterien für die spezielle arbeitsmedizinische Vorsorge nach den Berufsgenossenschaftlichen Grundsätzen für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen” (BGI 504)

Normen

(Bezugsquelle: Beuth Verlag GmbH, 10772 Berlin)

DIN EN 352 Gehörschützer: Allgemeine Anforderungen Teil 2: Gehörschutzstöpsel Gehörschützer: Sicherheitstechnische Anforderungen und Prüfungen Teil 7: Pegelabhängig dämmende Gehörschutzstöpsel

DIN EN 458 Gehörschützer; Empfehlungen für Auswahl, Einsatz, Pflege und Instandhaltung




Quelle: Fachbereich Persönliche
Schutzausrüstungen der DGUV www.dguv.de/fb-psa
Präventionsleitlinie "Einsatz von Gehörschutz−Otoplastiken", September 2010